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Die Blockchain wird erwachsen
Blockchain – war da nicht mal was? Die lange Zeit gehypte Technologie mit verschlüsselten, auf viele Beteiligte verteilten und damit fälschungssicheren Datenpaketen ist mit der Corona-Pandemie etwas aus dem Blickfeld geraten. Nur vereinzelt gab es Erfolgsmeldungen wie der Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Einführung digitaler Wertpapiere von Mitte August, in dem ausdrücklich Blockchain-basierte Varianten zugelassen werden.
Die gerade beendete EBC European Blockchain Convention (natürlich Corona-bedingt als virtuelle Konferenz) zeigte nun, dass hinter den Kulissen intensiv gearbeitet wurde. Diese Schlussfolgerungen lassen sich nach 25 Panels mit mehr als 100 Referenten aus Europa, Nordamerika und Kanada ziehen:
1. Die Blockchain-Szene hat die Bitcoin-Dominanz abgeschüttelt
Sicherlich ist Bitcoin, quasi die Mutter aller Blockchains, weiter der mit Abstand größte Anwendungsfall, aber eben nur einer. Ein Bitcoin wird aktuell mit über 10.452 US-Dollar gehandelt, die Marktkapitalisierung beläuft sich auf 193 Milliarden US-Dollar, für Anleger stehen mittlerweile eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, auch an regulierten Handelsplätzen. Aber lange Zeit wurde Blockchain mit Bitcoin gleichgesetzt, was die Akzeptanz behindert hat. Daher ist positiv, dass Krypto-Assets nur einer von vielen Diskussionspunkten auf der EBC waren.
2. Endlich wird stärker über Anwendungsfälle gesprochen
Frühere Krypto- und Blockchain-Konferenzen litten unter dem Fokus auf technologische Details. Auf der EBC wurde intensiv darüber diskutiert, Blockchain-Technologie wirklich nur dort einzusetzen, wo es sinnvoll ist und wo alle Beteiligten einen Mehrwert sehen. Beispiel Identitäts-Management: Ein kryptographisch verschlüsselter Nachweis der Identität ist die Grundlage für digitale Behörden. Die EU-Kommission arbeitet mit nationalen Behörden wie dem Bundeswirtschaftsministerium an einer europäischen Blockchain-Infrastruktur, um digitale Varianten von Führerschein und Personalausweis zu ermöglichen. Ein zweiter Ansatzpunkt ist die fälschungssichere Nachverfolgung von Rohstoffen und Vorprodukten – Stichwort Lieferkettengesetz. Im Finanzsektor könnte die Blockchain-Technologie ihre Stärken ausspielen, um Bürgern die Verantwortung für ihr Vermögen wiederzugeben. Eine heiß diskutierte Frage: Warum muss ich eine Bank heute dafür bezahlen, dass sie mein Geld aufbewahrt? Warum muss mein Geld auf dem Girokonto ein Kredit an die Bank mit entsprechendem Ausfallrisiko sein?
3. Blockchain-Anwendungen sind in den Chefetagen angekommen
Ob in der Finanzbranche (ING, BNP Paribas, Commerzbank, Santander), im Lebensmittelsektor (Nestlé, Carrefour) oder bei der staatlichen Institutionen (EU-Kommission, Bundesfinanzministerium), die Liste der Panel-Teilnehmer hat gezeigt, dass die Blockchain-Technologie erwachsen geworden ist. Vielleicht ist es gerade als Vorteil zu sehen, dass Blockchain nicht mehr als Heilsbringer gesehen wird, der alle Probleme auf einmal löst. Wie formulierte es ein Panel-Teilnehmer zutreffend: „Die Blockchain-Technologie erfüllt ihren Dienst am besten, wenn der Nutzer es gar nicht merkt, dass sie eingesetzt wurde.“
Joachim Althof
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